Die attraktiven Feuerfische gehรถren zur Ordnung SCORPAENIFORMES, Unterordnung Scorpaenoidei, Fam. Scorpaenidae (Skorpionsfische), Unterfamilie Pteroinae. Die erfolgreiche gemeinsame Haltung mit anderen Fischen im Riffaquarium ist eine besondere Herausforderung mit unterschiedlichen Anforderungen und einigen Gefahren.
Dieser Artikel ist Teil einer Artikelreihe rund um „Erlebnisse mit Meerwasser-Aquarien“. Unser Autor Andreas Berns — Aquarienberater mit langjรคhriger Erfahrung mit Aquarien jeglicher Art und Grรถรe — berichtet in dieser losen Sammlung anekdotisch und kurzweilig รผber besondere Aquarienbewohner, interessante Integrationsprojekte und kuriose Erlebnisse. Dabei gibt er auch wertvolle Tipps zur Haltung der beschriebenen Arten.
Bisher erschienen sind folgende Geschichten:
Vorsicht Gift: Feuerfische im Riffaquarium
Ganz schรถn clever: Ein Palettendoktor zieht um & wird sozialisiert
Tridacnidae: Ein Mythos im Meer
Zรคher kleiner Schmuckstein im Meerwasser-Aquarium: Die Pferdeaktinie Actinia equina
Vor allem das Jagdverhalten der carnivoren Riffbewohner stellt eine Hรผrde fรผr die Haltung mit anderen Fischen dar, zudem ist ihr Platzanspruch nicht zu unterschรคtzen.
Im Folgenden findet Ihr meine Empfehlungen und Tipps zur Haltung von Feuerfischen im Meerwasser-Aquarium, basierend auf Erfahrungen, die bereits mein Vater sowie ich selbst mit diesen wunderschรถnen, aber giftigen und nicht ganz einfachen Tieren gemacht haben.
Der Beginn
Ende der 70er Jahre begann mein Vater mit den ersten Versuchen der Haltung von Feuerfischen in Vergesellschaftung mit kleineren Fischen.
In einem reinen Fischbecken, zusammen mit einem Paddelbarsch, einigen Doktoren und einem Schwarm kleiner Riffbarsche gelang es ihm damals, einen Pterois volitans (Rotfeuerfisch) in seinem Jagd- und Fressverhalten dahingehend auf ein optisches und akustisches Signal zu konditionieren, dass er ausschlieรlich angebotene Futterfische fraร. Bei den Futterfischen handelte es sich zunรคchst immer um silberfarbene, gleich groรe Kรถderfische aus einem Anglergeschรคft. Alle anderen Mitbewohner blieben unbehelligt, das Experiment gelang รผber viele Jahre und wurde mehrfach erfolgreich wiederholt. (siehe auch DATZ Jahrgang 1979, Seite 132 ff., J. Berns).
Entscheidend fรผr den Erfolg oben beschriebener Versuche war die anfรคnglich peinlich genaue regelmรครige Fรผtterung unter Einhaltung immer gleicher Signalreize (immer gleich aussehende lebende Futterfische, immer gleiche Klopffolge als Fรผtterungsankรผndigung). Versuche mit totem Ersatzfutter misslangen auf Dauer, bei diesen Versuchen fielen immer wieder der eine oder andere Riffbarsch oder eine Garnele der Beutegier der Rotfeuerfische zum Opfer.
Die Fรผtterung mit ausschlieรlich lebenden Futterfischen und der damit verbundene enorme Stoffwechselumsatz der Rotfeuerfische gestattete nur die Pflege in reinen Fischaquarien. Denn die Wasserbelastung in Verbindung mit den zu damaliger Zeit noch spรคrlich vorhandenen Mรถglichkeiten der mechanischen und biologischen Wasseraufbereitung in Heimaquarien hรคtte fรผr fast alle Korallen, egal ob Stein- oder Weichkorallen, den sicheren schnellen Tod bedeutet.
Diese Einschrรคnkung war vor รผber 40 Jahren allerdings leicht zu tolerieren, denn die Haltung von Weich- und Steinkorallen war wegen des geringen und nahezu unerschwinglichen Angebotes sowie wegen des notwendigen technischen Aufwandes fast ausschlieรlich wenigen Zooaquarien vorbehalten.
Die Entwicklung
Heute bieten sich dem Meerwasseraquarianer jedoch erheblich erweiterte Mรถglichkeiten. Einerseits gibt es mittlerweile auch fรผr den Laien erschwingliche Technik, wie z.B. effektive Abschรคumer, ausgeklรผgelte Filtersysteme und hervorragende Fertigsalzmischungen. Auch hat die Beleuchtungstechnik elementare Fortschritte gemacht. Und schlieรlich hat sich das Fachwissen bei den Aquarianern — oft im sich ergรคnzenden Zusammenspiel von โLaienโ und Wissenschaft — immer weiter entwickelt. In der Folge hat sich die Ausrichtung der Meerwasseraquaristik stark verรคndert. Reine โFischaquarienโ wurden immer seltener (leider mรถchte ich sagen, denn manche Tiere sind immer noch nur hier sinnvoll zu pflegen). Reine โKorallengรคrtenโ, in denen die Fische nur Beiwerk waren, rรผckten immer mehr in den Vordergrund. Eine meiner Ansicht fehlgeleitete Entwicklung, denn beides โ Fisch und Koralle gehรถren unabdingbar zusammen und sollten nach Mรถglichkeit auch gemeinsam gepflegt werden.
So ist zum Glรผck in den letzten Jahren der Aufbau von Riffaquarien, in denen Korallen und Fische in einer sich ergรคnzenden Lebensgemeinschaft gepflegt werden, stรคrker in den Vordergrund getreten. Solche Gemeinschaften zu halten bildet nun fรผr immer mehr Aquarianer das Zentrum ihres aquaristischen Bestrebens.
Vergesellschaftung von Feuerfischen im Riffaquarium
An dieser Stelle kommt nun auch der Wunsch auf, Feuerfische im Riffaquarium in Vergesellschaftung mit anderen, auch klein bleibenden Fischen sowie Weich- und Steinkorallen zu halten. Dies ist tatsรคchlich mรถglich, es erfordert jecoch einige grundsรคtzliche รberlegungen und eine gute Planung:
1. Feuerfische werden groร!
Anders als in den reinen Fischaquarien frรผherer Zeiten, in denen der โfreie Schwimmraumโ dominierte und oft รผber 80% des Gesamtvolumens bildete, herrschen in den heutigen Riffaquarien oft weit beengtere Verhรคltnisse vor: Mรถglichst naturnahe Riffaufbauten aus Lebendgestein und Ersatzmaterialien sowie eine Vielfalt von Stein- und Weichkorallen brauchen naturgemรคร Platz und schrรคnken den Schwimmraum erheblich ein. Meist sind Sandzonen minimal klein gestaltet und der Riffaufbautenbereich ragt bis nahe an die Frontscheiben heran.
Pterois volitans erreicht in unseren heimischen Aquarien bei guter Fรผtterung (und dies sollte selbstverstรคndlich sein) allerdings leicht eine Lรคnge von 25 cm und mehr; sowie bei ausgebreiteten Brustflossen eine รคhnliche Breite.
Auch wenn die meisten Feuerfische sehr behรคbige und im Regelfall langsame Schwimmer sind, benรถtigen sie doch zum Wohlbefinden ausreichend groรen Schwimmraum und ebenfalls entsprechend groรe Unterstรคnde und รberhรคnge als Ruhe- und Lauerzonen. Riffaquarien fรผr die Haltung von Feuerfischen mรผssen deshalb entweder sehr groร sein (bei Pterois volitans min. 1000 l) oder aber wir mรผssen uns bei der Auswahl der Feuerfische auf relativ klein bleibende Arten beschrรคnken.
2. Feuerfische sind Rรคuber!
Eine Konditionierung auf Kรถderfische als einzig gefressenes Futter ist zwar mรถglich, wรผrde aber wegen der stรคndigen groรen Wasserbelastung zu Lasten der gepflegten Korallen gehen, da immer wieder Futterfische in die Riffdekoration flรผchten kรถnnen und dort verenden. Also sollte sich die Auswahl der Feuerfische auf solche Arten beschrรคnken, auf deren Speiseplan in der Regel keine anderen Fische sondern primรคr Garnelen oder Krabben stehen. Somit ist die Gefahr unnรถtiger Wasserbelastung minimiert.
Garnelen und die meisten Krabben gehรถren in diesem Fall natรผrlich mit Ausnahme gezielt gereichter Futtertiere nicht mehr zum mรถglichen und รผberlebensfรคhigen Dauerbesatz des Riffaquariums!
3. Feuerfische brauchen strรถmungsarme, abgeschattete Standplรคtze!
Ein normal mit Fischen besetztes und nicht nur spรคrlich mit โFisch-Beiwerkโ dekoriertes Riffaquarium benรถtigt eine sehr starke Filterung und Wasserumwรคlzung. Mittlere bis starke Strรถmungsverhรคltnisse in mรถglichst dem gesamten Becken werden angestrebt.
Feuerfische lieben jedoch geschรผtzte Stand-, Lauer- und Ruheplรคtze mit nur mรครiger Strรถmung.
Um den Feuerfischen gute Bedingungen zu bieten, mรผssen wir deshalb bereits bei der Einrichtung des Beckens auch strรถmungsรคrmere Zonen mit einplanen und das Riff in Kombination mit den Umwรคlzpumpen entsprechend aufbauen.
4. Auch Feuerfische haben Feinde!

Entgegen der hรคufig verbreiteten Auffassung, dass Feuerfische keine Fressfeinde haben, musste ich schon zwei Mal andere Erfahrungen machen: Einmal war es ein halbwรผchsiger Paddelbarsch, ein anderes Mal ein groรes Exemplar vonย Actinia equinia, der Pferdeaktinie, die sich jeweils einen Zwergfeuerfisch einverleibten und tรถteten.
Ich rate daher zu groรer Vorsicht speziell mit Actinia equinia, anderen groรen Anemonen sowie groรen Barschartigen!
5. Feuerfische sind giftig!

Alle Feuerfische, egal ob es sich um groร werdende Arten oder die Zwerge wie z.B. den Pfauenaugenzwergfeuerfisch (12 cm) handelt, verfรผgen รผber hochwirksame und gefรคhrliche Giftstachel. Die Giftstachel in Rรผcken-, Bauch- und Afterflosse der Fische injizieren bei Stichverletzungen eine Eiweiรverbindung in das Opfer (egal ob Fisch oder Pfleger), die โ wenn auch im Regelfall nicht lebensbedrohlich — so doch immer zu langanhaltenden erheblichsten Schmerzzustรคnden und unterschiedlichen weiteren Reaktionen fรผhrt.
Bei einer Verletzung mit Giftinjektion ist nach einer eventuellen Notfall-/Sofortbehandlung durch Eintauchen der Wunde in sehr heiรes Wasser und anschlieรendem Auflegen heiรer Kompressen schnellstmรถglich รคrztliche Hilfe erforderlich, um kreislaufstabilisierende Maรnahmen einzuleiten. Die Gefahr der versehentlichen Verletzung des Pflegers durch einen Feuerfisch im Riffaquarium ist bei jedem โHantierenโ im Becken gegeben und sollte nicht unterschรคtzt werden!

Feuerfische sind zudem wahre Kรผnstler der Tarnung. Auf einem Korallenast ruhend oder in einer Riffspalte zurรผckgezogen auf Beute lauernd, kรถnnen sie sehr leicht vom in seiner Aufmerksamkeit auf einen anderen Beckenbewohner gerichteten Pfleger รผbersehen und versehentlich berรผhrt werden.
Du solltest darum immer Schutzhandschuhe tragen bzw. bei grรถรeren Reinigungsarbeiten die Feuerfische gegebenenfalls durch Glasscheiben abtrennen. Bei offenen Aquarien muss man unbedingt verhindern, dass neugierige Besucher oder gar Kinder in das Becken greifen kรถnnen.
Die Praxis
Unter Berรผcksichtigung der bisher beschriebenen fรผnf Kriterien
- Fischgrรถรe und Schwimmraum,
- Futteransprรผche,
- Riffaufbau und Strรถmungsverhรคltnisse,
- Feinde,
- Giftwirkung
kann ich fรผr den Besatz eines Riffaquariums mit Feuerfischen den Zebra-Zwergfeuerfisch Dendrochirus zebra und den Kurzflossen-Zwergfeuerfisch Dendrochirus brachypterus sehr empfehlen. Beide Arten sind meist leicht รผber den Fachhandel zu beziehen.
Der Zebra-Zwergfeuerfisch wird bis 13 cm lang und ernรคhrt sich fast ausschlieรlich von verschiedenen Krebstierarten wie Garnelen, Krabben und Asseln. Auch der Kurzflossen-Zwergfeuerfisch gehรถrt zu den relativ klein bleibenden Feuerfischen, er erreicht im Aquarium selten seine maximale Lรคnge von 17 cm. Auch er ernรคhrt sich hauptsรคchlich von Krabben und Garnelen.
Beide Zwergfeuerfischarten vergreifen sich nach meiner Erfahrung bei ausreichender regelmรครiger Fรผtterung nie an anderen Fischen. Wobei „ausreichend“ bedeutet, dass mรถglichst immer ein leicht gerundetes Bรคuchlein vorhanden sein soll, nicht aber ein stรคndig prall gefรผllter Bauch.
Achtung: Diese beiden Arten sind nicht allzu schwimmaktiv und neigen dadurch mitunter zur Verfettung. Ein bis zwei regelmรครige Hungertage pro Woche sind sinnvoll und gefรคhrden auch die รผbrigen Beckenmitbewohner nicht dahingehend, als Futterersatz angesehen zu werden.



Bevorzugt halten sich die Zwergfeuerfische dieser Arten in leicht abgeschatteten, strรถmungsarmen Riffzonen auf. Gerne lagern sie hier mit leicht abgesengtem Kopf auf Riffรผberhรคngen, Korallenรคsten oder an und in Weich- und Lederkorallen geschmiegt.
Hierbei sind oft als einzige Bewegung die sehr wachen Augen der Tiere zu sehen, wรคhrend stundenlang und unermรผdlich auf vorbeiziehende Beute gelauert wird. Im Aquarium kรถnnen die Zwergfeuerfische leicht an Frostfutter gewรถhnt werden. Krill, Sandgarnelen und Krabbenfleisch (alles gelegentlich mit Vitaminen angereichert) bilden eine gute Futtergrundlage, die hin und wieder durch lebende Mysis, Garnelen und ausgewachsene Artemien ergรคnzt wird.
Das aufgetaute und gut gewรคsserte Frostfutter sollte nicht zu klein gewรคhlt werden, da es nach meinen Beobachtungen ansonsten oft verschmรคht wird. Krill sollte mindestens eine Lรคnge von 1,5 cm haben. Bei Lebendfutter ist die Grรถรe von untergeordneter Bedeutung, selbst kleinste Hรผpferlinge lรถsen regelmรครig groรes Interesse aus, werden von den groรen Augen der Feuerfische fixiert und dann letztendlich mit rasanter Schnelligkeit aufgenommen. Hierbei schwimmen die Jรคger schnell aus einiger Entfernung heran und verschlingen die Beute blitzartig durch das Aufreiรen ihres sehr groรen Mauls. Das Futter wird dabei regelrecht eingesaugt.
Wie alle Feuerfische besitzen auch die Zwergfeuerfische sehr giftige Rรผckenstachel. Man sollte sich nicht von der Kรถrpergrรถรe der Fische, speziell bei neu erworbenen Jungfischen von vielleicht nur 5 cm Kรถrperlรคnge tรคuschen lassen und falsche Rรผckschlรผsse auf die Giftgefรคhrlichkeit schlieรen. Das Gift kann die gleiche Wirkung wie bei einem ausgewachsenen Pterois volitans haben! Darum immer die angesprochenen Schutzmaรnahmen beachten, da gerade junge Exemplare der Zwergfeuerfische beim Arbeiten im Riffaquarium leicht รผbersehen werden und den Pfleger aktiv oder passiv verletzen kรถnnten.
Gelegentlich verfallen die Zwergfeuerfische in einen mehrtรคgigen โHungerstreikโ. Dies geschieht nach meinen Beobachtungen meist unmittelbar vor dem โAbhรคutenโ, dem Abstoรen der Epidermis.
Die Epidermis ist ein einschichtiges Epithel, das sich wie bei allen schuppenbesetzten Fischen รผber den Schuppen befindet. Im Epidermis-Epithel befinden sich Zellen, welche Schleim produzieren. Dieser Schleim dient sowohl dazu, ein besseres Gleiten im Wasser zu ermรถglichen, als auch einen Aufwuchs von Algen und sessilen Tieren zu minimieren. Feuerfische โhรคutenโ sich mehrmals jรคhrlich, sie stoรen die Epidermis durch ruckartiges Vorschnellen fetzenweise ab, was durch gelegentliches Scheuern an Riffteilen unterstรผtzt wird.
Nach meiner Erfahrung sind Feuerfische auch auf Grund der beschriebenen Hรคutungen gegenรผber Hautparasiten und Pilzerkrankungen sehr unempfindlich.
Zwergfeuerfische sind sehr robuste Pfleglinge, die รผber viele Jahre als attraktive Bewohner in unseren Aquarien leben kรถnnen. An die Wasserbeschaffenheit stellen sie keine รผberhรถhten Anforderungen, lediglich ihre Futteransprรผche erfordern vom Pfleger ein gezieltes Vorgehen.
Gegenรผber anderen Fischen sind sie vertrรคglich, nur geschlechtsgleiche Zwergfeuerfische bekรคmpfen sich oft. Trotzdem sollten Zwergfeuerfische nach meiner Meinung mรถglichst nicht einzeln gehalten werden, sondern paarweise. Da sich die Geschlechter der Tiere teilweise nur sehr schwer bestimmen lassen, empfehle ich ein wenig Beobachtung der Fische im Verkaufsbecken des Fischhรคndlers: dies ermรถglicht im Regelfall die Auswahl und den Kauf von zwei miteinander vertrรคglichen Tieren.
Versuche es doch auch: Speziell im Riffaquarium sind Zwergfeuerfische eine sehr attraktive Bereicherung des Fischbesatzes!







