Aquaristik, Meerwasser-Aquarium

Zäher kleiner Schmuckstein im Meerwasser-Aquarium: Die Pferdeaktinie Actinia equina

Pferdeaktinie (Purpuraktinie, Erdbeeraktinie) - eingezogen

Immer nach den Sommerferien taucht sie in den Verkaufsbecken des Aquaristik-Handel vermehrt auf: Actinia equina, die Seeanemone mit den schönen deutschen Bezeichnungen „Erdbeerrose“, „Purpurrose“ oder „Pferdeaktinie“.

Wunderschön — die Pferdeaktinie im Meerwasser-Aquarium
Wunderschön — die Pferdeaktinie im Meerwasser-Aquarium. Foto: Andreas Berns

Das Auftauchen dieser Blumentiere zur immer gleichen Jahreszeit hängt nicht mit etwa einem speziellen Vermehrungszyklus oder anderen biologisch bedingten Faktoren zusammen, sondern hat schlicht und ergreifend den Hintergrund, dass viele Aquarianer im Sommerurlaub — leider! — „Aktinien pflücken gehen“. Fast überall im Mittelmeer treffen wir die Aktinien in der Gezeitenzone, aber auch in Tauchtiefen bis zu 8 Metern an. Häufig ist die Zahl der Individuen so hoch, dass innerhalb kurzer Zeit nicht nur der Eigenbedarf von vielleicht 5 oder 8 Tieren gefunden ist, sondern in oft furchtbarer „Sammelleidenschaft“ der „Meeresfreund“ weit mehr Tiere aus dem Meer entnimmt, als er selbst in seinen Aquarien pflegen könnte. In der Folge dieses sträflichen und dem natürlichen Lebensraum schadenden Tun füllen die der Natur entrissenen Tiere nach den Ferien dann die Händlerbecken.

Glühbirne-Icon

Tipp

Bitte denke daran: Das Meer ist kein Selbstbedienungsladen für uns Aquarianer! Ein Verhalten wie das geschilderte „Aktinien-Pflücken“ schädigt die Natur — und gerade die Meeresbiotope leiden auch ohne solche Eingriffe bereits massiv! Zudem ist es gar nicht notwendig, die Tiere aus der Natur zu reißen: 2-3 der schönen und robusten Aktinien reichen aus, um sie bei guten Wasserwerten und ausreichender, abwechslungsreicher Fütterung schnell zur Vermehrung zu bringen. Von daher solltest Du stets auf Nachzuchten zurückgreifen und nie auf Wildfänge (weder eigene noch solche aus anderen Quellen)!

Pflege und Fütterung

Wenn Du die Actinia equina im Aquarium pflegen willst, brauchst Du nur wenig zu beachten. Diese paar Regeln sind dafür aber für eine erfolgreiche Haltung und insbesondere Nachzucht ganz entscheidend.

Pferdeaktinie im Meerwasser-Aquarium: Tentakelkranz
Gefährlicher Tentakelkranz — die Pferdeaktinie im Meerwasser-Aquarium. Foto: Andreas Berns

Die Erdbeerrose – wie das Erscheinungsbild von Actinia equina vielleicht am stimmigsten bezeichnet wird – kommt im Mittelmeer vorwiegend in der roten Färbung in der stark bewegten Gezeitenzone vor. Diesem Umstand müssen wir bei der Aquarienhaltung unbedingt Rechnung tragen, da die Tiere eine sehr hohe Schleimproduktion zum Schutz vor Austrocknung haben. Dieser Schleim bewirkt, dass eine „Trockenperiode“ bei Ebbe leicht überstanden wird und die Tiere keinerlei Schaden nehmen.

Der produzierte Schleim muss jedoch regelmäßig abgestoßen werden, im Meer geschieht dies durch die natürliche Strömung und den Wellenschlag. Im Aquarium müssen wir dies durch eine mittlere bis starke künstliche Strömung ermöglichen, damit die Actinie gesund bleibt.

Einen einmal im Meer gewählten Standplatz verlässt die Erdbeerrose i.d.R. nicht. Nur bei extremen Veränderungen der Wasserströmung oder bei starken anderen Störungen sieht sie sich zum Standortwechsel gezwungen. Je nach den Gegebenheiten an ihrem natürlichen Standort nimmt die Pferdeaktinie vertikale oder horizontale und häufig eine „Kopfüber-Haltung“ ein. Einmal an diese Position gewöhnt, versucht sie diese dann ihr ganzes Leben lang zu reproduzieren.

So passiert es, dass in ein Aquarium eingesetzte Tiere trotz scheinbar idealem Standortangebot mit diesem scheinbar unzufrieden sind und rastlos durch das Aquarium ziehen, bis sie dann hoffentlich einen ihnen genehmen Platz finden, der uns Aquarianern gar nicht so ideal erscheint. Aber allein die Seeanemone entscheidet nach den Kriterien Strömung, Licht, Körperachsenplatzierung — und nicht zuletzt nach dem Futterangebot!

Reichhaltiges Futter notwendig

Pferdeaktinie im Meerwasser-Aquarium: seitlich, ausgestreckt
Ausgestreckt ganz schön lang — die Pferdeaktinie im Meerwasser-Aquarium. Foto: Andreas Berns

Letzteres ist ein ganz entscheidender Punkt in der erfolgreichen Pflege und Zucht der Pferdeaktinie: Actinia equina braucht regelmäßig reichhaltiges Futter, um nicht einen langsamen Hungertod zu erleiden. Mindestens 1-mal wöchentlich benötigen die Tiere einen größeren Futterbrocken, wie z.B. eine Sandgarnele, halbierte Stinte oder Muschelfleisch.

Zwischen diesen Fütterungen bedienen Sie sich an allem tierischen Futter, das sie irgendwie erreichen können. Hierzu zählen Krill, Artemien und sogar Zyklops ebenso wie gelegentlich ein unachtsamer kleiner Fisch, eine Garnele oder sogar ein größerer kränklicher Fisch!

Werden Aktinien nicht ausreichend gefüttert, zehren sie die eigene Körpersubstanz auf und schrumpfen, so dass sie immer kleiner werden. Ist dieser Prozess erst einmal weit fortgeschritten, kann er auch durch starke Fütterung oft nicht mehr aufgehalten werden. Der Grund dafür liegt darin, dass sich die Tentakel im Verhältnis zur Körpermasse überproportional schneller und stärker verkleinern. Somit sind dann weder Futterfang noch Futtertransport in die Mundöffnung möglich und das Tier verhungert elendig.

Wenn die Beleuchtung zur Gefahr wird

Im verkürzten Zustand: Pferdeaktinie im Meerwasser-Aquarium
Das selbe Tier im verkürzten Zustand — die Pferdeaktinie im Meerwasser-Aquarium. Foto: Andreas Berns

Ein weiterer wichtiger Faktor ist das Licht: Achte gerade beim Neueinsatz der Aktinien unbedingt auf eine verträgliche Beleuchtung! Denn erfahrungsgemäß ist zu starkes, direktes Licht für die Tiere eine Gefahr. Insbesondere HQI-Licht kann zu erheblichen Schädigungen führen.

Zwar leben die Tiere in der Natur in der Regel kurz unter der Wasseroberfläche, durch die Positionierung ihrer Standplätze unter Vorsprüngen und ähnlichem meiden sie aber direktes Sonnenlicht.

Im einem Aquarium mit HQI-Licht muss sich daher erst ein entsprechend hoher UV-Schutz bilden, bevor die Tiere diesem Licht gefahrlos ausgesetzt werden können. Weil diese Angleichung durchaus bis zu 3 Monate dauern kann, musst Du den Aktinien so lange unbedingt Schattenplätze anbieten.

Gesellschaft und Verträglichkeit

Die Nessel- und Haftfähigkeit der ca. 200 Tentakel der Pferdeaktinie ist außerordentlich hoch. So hat ein einmal erfasster Fisch nur wenig Chance, dem sicheren Tode zu entgehen. In der Regel ist die Gefahr jedoch gering, denn geschieht nur sehr selten, meist sind es lediglich kranke und geschwächte Fische, die der Actinia equina zum Opfer fallen.

Dagegen gehen Anemonenfische in Ermangelung einer Wirtsanemone öfter eine Ersatzpartnerschaft mit Aktinien ein. Obwohl hierbei die Größenverhältnisse meist überhaupt nicht zueinander passen, tolerieren die Aktinien dies und lassen diese Fische unbehelligt.

Recht unempfindlich sind Aktinien selbst gegen Vernesselung durch andere sessile Wirbellose. Auch belästigen sie umgekehrt — trotz ihrer großen Nesselkraft — andere Wirbellose nicht, es sei denn, dass eine zu große Platzkonkurrenz entsteht. Dann ist jedoch Achtsamkeit geboten.

In einem Riffaquarium tolerierte eine Aktinie von ca. 5 cm Durchmesser und regulären 4 cm Körperhöhe eine raschwüchsige Xenienkolonie bis auf 2 cm Körpernähe. Dann allerdings veränderte sie in wenigen Minuten ihre Körperform hin zu rund 8-9 cm Länge bei geschrumpftem Körperdurchmesser und vernesselte im gesamten erreichbaren Radius alle Xenien, die innerhalb kürzester Zeit eingingen. Du siehst: Es empfiehlt sich, ein wenig wachsam zu sein und notfalls „helfend“ die Platzkonkurrenten in andere Bahnen zu lenken.

Vermehrung

Die Vermehrung der Aktinien lässt sich durch gute, reichliche und mit Vitaminen angereicherte tierische Kost anregen. Die Aktinien bilden in ihrem Körper Polypen aus, die sie dann meist in der Nacht ausstoßen. Regelmäßig überleben einige der Polypen und setzen sich an strömungsgeschützteren Stellen im Aquarium fest. Die Aufzucht der Polypen erfolgt am besten im Ursprungsaquarium selbst, da ein Übersiedeln in ein anderes Becken wegen der anfänglichen Empfindlichkeit auf Veränderungen in den Wasserparametern kritisch ist.

Zur Aufzucht benötigen die kleinen Aktinien zunächst Plankton, eine Fütterung mit frisch geschlüpften Artemien ist bereits nach ca. 1 Woche möglich.

Pferdeaktinie im Meerwasser-Aquarium: Oberseite mit Mundöffnung
Die Oberseite mit der Mundöffnung — Pferdeaktinie im Meerwasser-Aquarium. Foto: Andreas Berns

Kopfbild: „5350755“ via Pixabay

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert